Was mich bewegt | September 2019
Gedanken zur Diakonie, der tätigen Seite der Nächstenliebe
Die Worte „diakonia“ und „diakonos“ kommen aus dem Altgriechischen. „diakonia“ ist weiblich und bedeutet „der Dienst“ (in der deutschen Bedeutung also männlich). „diakonos“ ist im Griechischen und Deutschen männlich und bedeutet „der Helfer“. Die Diakonie ist der Dienst an Armen und Kranken samt der dazugehörenden Verwaltung innerhalb der Kirche. Diese Helfer sind in der katholischen Kirche nach wie vor nur Männer, auch weil das Amt des Diakons eine Vorstufe für das Amt des Priesters ist.
In der evangelischen Kirche in Deutschland sind seit einigen Jahrzehnten auch Frauen als Diakonin zugelassen. Das ist ein großer Fortschritt für die Gleichstellung der Frauen. Die Ausbildung zu diesem Beruf hat sich von einer einfachen Zusatzausbildung zu einem Bachelor - und Masterstudium gewandelt. In Österreich wird ein Teil der Aufgaben eines Diakons/einer Diakonin in Gemeinde-, Frauen- und Jugendarbeit von Ehrenamtlichen erfüllt – und das sind hauptsächlich Frauen! Andere Aufgaben werden in eigenen Berufen abgedeckt, z.B. von Religionslehrer*innen.
Diakonie ist weiblich
Was ist aber mit den Menschen, die „diakonia“, „Dienst“ tun an Bedürftigen ohne Ausbildung, ohne Supervision, ohne finanzielle Entschädigung, Urlaub oder Dienstzeiten? Das sind in der Mehrzahl – Frauen!
Diejenigen möchte ich in diesem Artikel vor den Vorhang holen, die sonst still im Hintergrund ihre Arbeit machen, weil sie eben gemacht werden muss - und die nicht gelingt, wenn sie nicht mit Sorgfalt und Liebe gemacht wird. Schauen wir hin auf die Mütter von behinderten Kindern, die Pflege - und Therapiestunden leisten; auf die alleinerziehenden Mütter, die mit massiven Existenzsorgen kämpfen und denen oft das Gefühl vermittelt wird, selbst schuld an ihrer Situation zu sein; auf die Schwiegertöchter, die ihre Schwiegereltern pflegen, wenn sie nicht mehr selbstständig leben können, aber noch zu gesund für staatliche Versorgung sind. Die Liste lässt sich noch lang fortsetzen. Das ist Frauenarbeit in der Kirche, wir tun das, ohne zu klagen oder damit anzugeben. Diese dienende Hilfe oder dieser helfende Dienst schadet viel zu oft den Frauen selbst, sie sind körperlich und seelisch überfordert.
Unbezahlt und kaum gewürdigt
Was sollte nun in der Öffentlichkeit geschehen, um all die verborgene Arbeit zu würdigen? Eine entsprechende Entlohnung wäre natürlich erstrebenswert. Ob es jemals geschehen wird, dass in einem Staatshaushalt ausreichend Geld für soziale Dienste berücksichtigt wird? Gerade jetzt schwinden die Chancen dafür wieder. Aber etwas Anderes kann erfüllt werden -und das muss in den Köpfen der Menschen passieren: Der Dienst am Menschen, an Bedürftigen, Kindern und Kranken muss in unserer Wahrnehmung aufgewertet werden! Er ist für das Gemeinwohl genau so wichtig wie eine gut funktionierende Wirtschaft, für die viele fleißige – und bezahlte - berufstätige Menschen sorgen. Die unbezahlten Tätigkeiten in den eigenen vier Wänden sind nicht schlechter oder weniger wert als die, für die man außer Haus gehen muss. Und allgemein anerkannte Tätigkeiten bringen Wertschätzung für die Tätigen. Wenn das in unseren Köpfen verankert ist, so lange wir Frauen uns untereinander gleich-wert, gleich-berechtigt fühlen, kann uns das um-sich-Greifen einer „Frauen-zurück-an-den-Herd“- Politik nicht schrecken. Dann kann diese Politik kein Mittel mehr sein, um Frauen wehrlos zu machen. Uns Frauen muss jede Frauentätigkeit gleich wichtig sein, ob Beruf oder die Arbeit zuhause und ja, es gibt Frauen, die letzteres gerne machen und sich nicht unterdrückt fühlen, aber schlecht entlohnt und auch von Frauen nicht gewürdigt. Die Möglichkeit zu wählen bringt echte Gleichberechtigung! Wenn wir keine Frau in der Achtlosigkeit verschwinden lassen, kann auch keine Frau ohne Stimme sein!
Monika Prenner
Monika Prenner
Leitungsteammitglied der EFA Österreich
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